Künstliche Intelligenz, Urheberrecht und Kennzeichnungspflicht

Fragen wie „Darf ich das einfach nutzen?“ oder „Muss ich das kennzeichnen?“ begegnen vielen Menschen, die sich mit Künstlicher Intelligenz (KI) beschäftigen. Gerade bei der Nutzung von KI-Tools zur Erstellung von Arbeitsmaterialien, Präsentationen oder Texten ist das Urheberrecht ein zentrales Thema. Es wirft nicht nur Fragen zur Nutzung bestehender Inhalte auf, sondern auch zur rechtlichen Bewertung von KI-generierten Produkten. Ebenso unklar ist oft, ob und wie eine Kennzeichnung solcher Inhalte erfolgen muss.

Das Urheberrecht – kurz erklärt

Das Urheberrecht regelt, wie Werke genutzt werden dürfen – also wer etwas wie lange, in welcher Form und unter welchen Bedingungen verwenden darf. Dabei schützt es nicht bloße Ideen oder Informationen, sondern die Art und Weise, wie sie konkret gestaltet und umgesetzt wurden. Ein Werk im Sinne des Urheberrechts ist zum Beispiel ein gemaltes Bild, ein geschriebener Text oder ein komponiertes Lied – eben etwas, das erkennbar eine eigene, schöpferische Leistung zeigt. Entscheidend ist, dass es nicht nur „irgendetwas“ ist, sondern eine erkennbare persönliche Note trägt, die über das rein Alltägliche hinausgeht.

Ob ein kreatives Ergebnis wirklich als „Werk“ gilt, hängt maßgeblich davon ab, ob es eine sogenannte „persönliche geistige Schöpfung“ darstellt – so steht es auch in § 2 Absatz 2 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Damit ist gemeint: Es muss sich um etwas handeln, das individuell gestaltet ist und die Handschrift einer bestimmten Person trägt. Fachlich spricht man dabei von der sogenannten „Schöpfungshöhe“. Diese zeigt sich zum Beispiel in der besonderen Art, wie ein Thema umgesetzt wird, in einer originellen sprachlichen Gestaltung oder im individuellen Stil. Man kann sich das vorstellen wie bei einem Gedicht: Ein einfacher Satz wie „Die Sonne scheint“ ist zu gewöhnlich. Wird daraus jedoch ein eigenständiger, bildhafter Text mit kreativem Ausdruck, kann dieser durchaus unter den Schutz des Urheberrechts fallen.

Entscheidend ist immer: Die kreative Leistung einer bestimmten Person muss erkennbar sein. Letztendlich ist zu beachten, dass die Bewertung, ob eine Schöpfungshöhe tatsächlich erreicht ist, stark vom Einzelfall abhängt. Der Begriff selbst ist recht unbestimmt und bietet viel Interpretationsspielraum – was zu Diskussionen und Konflikten führen kann, die in letzter Instanz gerichtlich gelöst werden müssen.

KI-generierte Inhalte stellen hier jedoch eine Besonderheit dar: Da sie nicht von einem Menschen, sondern von einer Maschine erzeugt wurden, gelten sie im klassischen Sinne nicht als urheberrechtlich geschützt. Nach derzeitiger Rechtslage kann nur ein Mensch Urheber*in sein. Das bedeutet: Werke, die vollständig durch KI erzeugt wurden, genießen keinen originären Schutz durch das Urheberrecht. Allerdings kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, wenn KI-Inhalte bestehenden geschützten Werken zu ähnlich sind oder auf solchen basieren.

KI und das Urheberrecht – zwei Perspektiven

Bevor wir uns aber mit diesen rechtlichen Grauzonen beschäftigen, müssen wir zuerst einen Blick auf die Perspektiven des Urheberrechts im Themenfeld der künstlichen Intelligenz werfen.

Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte zum Training von KI

Beim Training von Künstlicher Intelligenz kommen häufig große Datenmengen zum Einsatz – darunter auch Texte, Bilder oder Musikstücke, die urheberrechtlich geschützt sein können. Um diese Inhalte systematisch auswerten zu können, wird auf ein Verfahren namens „Text und Data Mining“ (TDM) zurückgegriffen. Dabei handelt es sich um das automatisierte Durchsuchen und Analysieren von Daten durch Maschinen.

Nach deutschem Urheberrecht (§ 44b Urheberrechtsgesetz) ist TDM grundsätzlich zulässig, sofern die genutzten Inhalte rechtmäßig zugänglich sind und die Rechteinhaber*innen der Nutzung nicht ausdrücklich widersprochen haben. Für wissenschaftliche Einrichtungen und sogenannte Gedächtnisinstitutionen (wie Bibliotheken oder Museen) gelten hier großzügigere Regelungen: Sie dürfen TDM auch dann anwenden, wenn ein solcher Widerspruch vorliegt (§ 60d UrhG).

Für kommerzielle Anbieter*innen – darunter fallen viele Entwickler*innen von KI-Systemen – ist die Lage strenger: Sie dürfen Inhalte nur dann per TDM analysieren, wenn kein erklärtes Nutzungsverbot (sogenanntes Opt-out) vorliegt. Dieses Opt-out muss von den Rechteinhaber*innen aktiv in maschinenlesbarer Form z.B. in den Metadaten oder auch in den Nutzungsbedingungen  gesetzt werden. Dabei handelt es sich um eine digitale Kennzeichnung, die automatisiert von Suchmaschinen oder KI-Systemen erkannt und ausgelesen werden kann.

Nutzung der von KI generierten Inhalte

Auch bei der Verwendung von mittels KI erzeugten Inhalten bestehen rechtliche Risiken. Grundsätzlich fallen KI-Outputs – also von Maschinen generierte Ergebnisse – nicht unter den klassischen Urheberrechtsschutz (§ 2 Urheberrechtsgesetz), da eine persönliche geistige Schöpfung natürlicher Personen fehlt. Doch auch wenn solche Inhalte formal nicht geschützt sind, können vertragliche Einschränkungen durch die Lizenzbedingungen des jeweiligen KI-Dienstes eine entscheidende Rolle spielen.

Diese Lizenzbedingungen regeln oft, wie die generierten Inhalte genutzt werden dürfen – etwa ob eine kommerzielle Nutzung erlaubt ist oder ob bestimmte Quellenangaben erforderlich sind. Wer gegen solche Vorgaben verstößt, riskiert Abmahnungen oder andere rechtliche Konsequenzen, auch wenn kein Urheberrecht im engeren Sinne verletzt wurde. Es ist daher wichtig, die Nutzungsbedingungen der eingesetzten KI-Plattform sorgfältig zu prüfen und bei Unsicherheiten auf alternative Quellen oder rechtlich geprüfte Inhalte zurückzugreifen.

Gerade im Bildungsbereich und in anderen nicht-kommerziellen Kontexten stellt sich die Frage, wie man rechtlich mit KI-Inhalten umgehen soll – ohne tiefgreifende juristische Prüfungen durchführen zu müssen. Da solche Prüfungen in der Praxis kaum leistbar sind, bietet sich ein pragmatischer Umgang an. Verantwortliche sollten deshalb darauf achten, ob generierte Inhalte auffällige Ähnlichkeiten mit bekannten Werken aufweisen – etwa durch typische Formulierungen, Motive oder eine bestimmte stilistische Handschrift. Wo Unsicherheiten bestehen, empfiehlt es sich, auf eigene Formulierungen zurückzugreifen oder mit offen lizenzierten Inhalten – zum Beispiel unter Creative-Commons – zu arbeiten.

Darüber hinaus kann Transparenz über die Herkunft der Inhalte zusätzliche Klarheit schaffen. Dazu gehört etwa die Nennung des verwendeten KI-Dienstes sowie eine allgemeine Beschreibung des Prompts. Solche Hinweise ersetzen zwar keine rechtliche Prüfung, stärken aber die Glaubwürdigkeit – insbesondere im pädagogischen Raum – und helfen, Missverständnisse im Vorfeld zu vermeiden.

Rechtliche Grauzonen und aktuelle Entwicklungen

Die aktuelle Rechtslage führt zunehmend zu Diskussionen und Streitfällen, insbesondere wenn KI-Tools Werke erzeugen, die bestehenden urheberrechtlich geschützten Inhalten ähneln oder aus urheberrechtlich geschützten Quellen stammen, die entgegen der gesetzlichen Regelung des TDM trainiert wurden. Ein sehr aktuelles Beispiel aus dem Jahr 2025 ist der Fall GEMA vs. Suno, bei dem es um Musik geht, die mit KI generiert wurde. Die GEMA argumentiert, dass die zugrunde liegenden Trainingsdaten urheberrechtlich geschützte Musikstücke enthalten und somit Rechte verletzt sein könnten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels gibt es in diesem Zusammenhang jedoch noch keine wegweisenden oder allgemein übertragbaren Urteile, sodass die Rechtslage weiterhin unsicher bleibt.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist der AI Act der Europäischen Union. Diese Verordnung soll unter anderem regeln, wie KI-Systeme kategorisiert, zugelassen und überwacht werden. Zwar liegt der Fokus des AI Acts auf Transparenz, Sicherheit und ethischen Standards, doch enthält er auch Ansatzpunkte, die urheberrechtlich relevant sein können. Besonders die Pflicht zur Dokumentation der verwendeten Trainingsdaten und zur Offenlegung der Funktionsweise von KI-Systemen kann in Zukunft dazu beitragen, Urheberrechtsverletzungen besser nachzuvollziehen und zu bewerten.

Kennzeichnungspflicht – Transparenz bei KI-Nutzung

Eine der häufigsten Fragen im Umgang mit KI-Tools lautet: „Woran erkenne ich eigentlich, ob ein Inhalt von einer Maschine stammt – und muss ich das offenlegen?“ Mit der zunehmenden Qualität und Täuschungsfähigkeit von KI-generierten Texten, Bildern, Audios oder Videos wird diese Frage immer drängender. Oft sind maschinell erstellte Inhalte kaum noch von menschlich geschaffenen zu unterscheiden – gerade in der Bildungsarbeit, wo Vertrauen und Transparenz zentrale Werte sind.

Daraus ergibt sich die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht: Nutzer*innen sollen erkennen können, ob ein Inhalt durch KI erzeugt wurde. Die europäische KI-Verordnung – der sogenannte AI Act – greift dieses Anliegen auf und schafft ab dem 02 August 2026 mit Artikel 50 eine wichtige Grundlage für mehr Transparenz. Dort ist festgelegt, dass Anbieter*innen von KI-Systemen verpflichtet sind, darauf hinzuweisen, wenn Inhalte durch Künstliche Intelligenz erzeugt, verändert oder manipuliert wurden – insbesondere, wenn eine Täuschung von Personen nicht ausgeschlossen werden kann. Ziel dieser Regelung ist es, maschinell erzeugte Inhalte erkennbar zu machen und so Vertrauen sowie einen verantwortungsvollen Umgang mit KI zu fördern. Diese Transparenzpflicht gilt insbesondere für KI-Systeme, die mit einem erhöhten Risiko verbunden sind – etwa bei täuschend echten Texten, Bildern oder synthetischen Stimmen.

Für die Praxis bedeutet das:

  • KI-generierte Inhalte müssen stets als künstlich erzeugt oder manipuliert gekennzeichnet werden, wenn sie ohne menschliche Redaktion direkt veröffentlicht werden.
  • Für redaktionell verantwortete Texte entfällt die Kennzeichnungspflicht, sofern eine natürliche oder juristische Person die redaktionelle Verantwortung übernimmt; für synthetische Audio-, Bild- oder Videoinhalte bleibt die Kennzeichnung jedoch in jedem Fall erforderlich.
  • Erzeugte Audio-, Bild- oder Videoinhalte mit täuschend echt wirkendem Charakter („Deep Fakes“) müssen stets als künstlich generiert gekennzeichnet werden, auch wenn sie vor Veröffentlichung von einer menschlichen Redaktion geprüft wurden.

Wir müssen uns eins immer vor Augen führen: Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist alt – sehr alt. Es wurde 1965 aus dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG) von 1901 und dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG) von 1907 geschaffen. Damit basiert unser heutiges Urheberrecht auf Grundlagen, die aus einer analogen Zeit stammen, in der digitale Technologien noch nicht absehbar waren. Die technische Entwicklung – insbesondere im Bereich der Künstlichen Intelligenz – verläuft jedoch heute in einem Tempo, das die Anpassungsfähigkeit des bestehenden Rechtsrahmens bei Weitem übersteigt. Viele Fragen, die sich aus der Nutzung von KI-Systemen ergeben, sind bislang ungeklärt und werden erst im Laufe der kommenden Jahre durch rechtliche Auseinandersetzungen und gerichtliche Entscheidungen konkretisiert werden.

Diese rechtlichen Anforderungen lassen sich gut in die pädagogische Praxis übertragen. Bildner*innen sollten KI als unterstützendes Werkzeug nutzen – nicht als alleinige Quelle von Inhalten – und sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Inhalte, die mithilfe von KI erstellt wurden, sollten klar als solche gekennzeichnet werden, insbesondere wenn sie täuschend echt wirken oder ohne redaktionelle Prüfung veröffentlicht werden. Gleichzeitig ist es sinnvoll, Angaben zu verwendeten Prompts oder Trainingsdaten zu dokumentieren. Auch Lernende profitieren von dieser Transparenz, wenn offengelegt wird, wo KI zum Einsatz kam. So wird Vertrauen geschaffen, Urheberrechtsbewusstsein gefördert und die Nutzung von KI in einem ethisch verantwortungsvollen Rahmen vermittelt. Multiplikator*innen im Bildungsbereich können dabei eine Schlüsselrolle übernehmen, indem sie diese Prinzipien aktiv in ihre Bildungsangebote integrieren und als Vorbilder für einen reflektierten Umgang mit KI-Inhalten wirken.

Dieser Text bietet daher eine praxisorientierte Orientierung, kann und will jedoch keine rechtliche Beratung ersetzen. Für eine verbindliche Einschätzung oder bei konkreten Unsicherheiten sollten Fachpersonen oder spezialisierte Anwält*innen hinzugezogen werden.

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